Die lange Suche
Über ein Jahr ist der letzte Beitrag auf diesem Blog nun her, und das hatte Gründe. Ich bin umgezogen – und wie!
Meine Geschichte mit Häusern ist ja schon etwas länger. Von 2003 bis 2009 lebte ich auf einem wunderschönen Resthof am Jadebusen, am Rande der niedersächsischen Nordseeküste (Altbausanierung, die Erste). Von dort zog ich in eine alte Dorfschule im malerischen Ambergau (südliches Niedersachsen, am westlichen Harzrand) – Altbausanierung, die Zweite. Dieses Haus habe ich zum Herbst 2014 verkauft. Seitdem habe ich gute 5 Jahre lang versucht, ein Mieter zu sein. Obwohl ich eine wirklich schöne Wohnung in Seesen (Westharz, Landkreis Goslar) hatte, ist es mir nicht so richtig gelungen. 😉 Das lag sicher in diesem Fall auch an dem nicht optimalen Mietverhältnis und dem Umgang der Vermieterin mit dem eigentlich sehr schönen Haus. Ich kann es einfach nicht leiden, wenn erhaltenswerte Dinge verfallen.
So kam es, dass ich schon recht bald wieder „still und heimlich“ nach einem eigenen Häuschen Ausschau hielt – eigentlich schon ab Herbst 2015. Die ostpreussischen Gutsbesitzer- und Pferdezüchtergene treiben mich wohl unweigerlich immer wieder zur eigenen Scholle – ich kann nichts dafür! Eigentlich wollte ich sehr gerne im Landkreis Goslar bleiben, wo ich mich wirklich sehr wohl gefühlt habe und der auch landschaftlich wunderschön ist – vom bilderbuchhaften Goslar ganz abgesehen. Über die vergangenen Jahre habe ich mir zahllose Objekte angeschaut und dabei meine Kreise auch immer weiter gezogen. Leider war nie das Passende dabei.
So hatte ich es im Jahr 2018 schon fast aufgegeben und beschloss, bei meiner preisgünstigen Seesener Wohnung zu bleiben und mir für die Wochenenden, Urlaub und Freizeit ein kleines, bescheidenes Ferienhäuschen im Ostharz zuzulegen. Treue Leser/innen meines Blogs wissen, dass ich den Ostharz mit seinem besonderen Zauber sehr liebe und die ganzen vergangenen Jahre dort meinen Urlaub verbracht habe. Erneut ging über einen langen Zeitraum die Suche und Besichtigungsodyssee an. Im Sommerurlaub 2018 schien es sich dann endlich aufzutun, DAS traumhafte Häuschen im Wald, märchenhaft schön und in einer absolut idyllischen, besonderen Lage! Schnell ging es von der ersten Besichtigung zur zweiten und dritten, zu Gesprächen mit der Bank und zur Einschätzung der Bausubstanz mit einem Gutachter. An diesen wunderschönen Ort hatte ich wirklich mein Herz verloren und mich auch schon richtig gefreut, nun endlich wieder ein „Herzenszuhause“ gefunden zu haben. Leider ergaben sich nach intensivem und wochenlangem Hin und Her am Ende doch zu viele ungeklärte Fragezeichen, so dass ich schließlich vom Kauf dieses Häuschens aus Vernunftsgründen abgesehen habe.
Das Zeichen
Nachdem dies nun scheiterte, war ich richtig traurig und hatte einen regelrechten „Häuschen-Liebeskummer“. In dieser melancholischen Stimmung verschlug es mich auf eine Wanderung im Selketal. In der Nähe des alten Kohlenschachtes bei Opperode, unterwegs zur „Selkesicht“, lief ich über eine große Wiese und sah etwas im Gras blinken. Ich hob es auf. Das kleine metallene Schildchen entpuppte sich als eine hier offenbar schon lange verlorene, zerkratzte und angewitterte Hunde-Steuermarke. Die suchte sicher niemand mehr. Mit dem Gedanken „Das ist jetzt Dein Glücksbringer, Du wirst Dein Häuschen schon noch finden“ befestigte ich es an meinem Schlüsselbund. Und vergaß es erst einmal.
Knapp 1 Jahr später. Ich hatte meine online-Suchaufträge weiter laufen und schaute mir auch immer mal wieder etwas an. Im Großraum Seesen konnte man mittlerweile praktisch nur noch im Rudel besichtigen – alle wollten kaufen und Häuser gingen mitunter binnen 24 Stunden aus der Vermarktung.
Der Immobilienscout schlug mir nun auch entferntere Objekte vor, da ich mich dort ja in Sachen „Ferienhäuschen“ schon herumgetrieben hatte – für mich als „Erstwohnsitz“ eigentlich viel zu weit östlich, ich wollte ja in Niedersachsen bleiben. Aber plötzlich poppte da eines auf der Vorschlagsliste auf, das mir als Altbaufan schon auf den ersten Blick Herzklopfen machte. Naja, von Außen anschauen und die Lage checken kann man ja mal…
Am 27.05.2019 stand ich vor einer unglaublich schönen Gründerzeitvillen-Doppelhaushälfte im äußersten Nordostharz – und kam spontan mit der damaligen Bewohnerin in’s Gespräch, die zufällig am Fenster war. Wenige Tage später verzauberten mich im Innenbereich historischer Stuck in repräsentativen Räumen, bunte Bleiglasfenster, ein Bogenzimmer und zahlreiche im Original erhaltene Details. Hm. Viel zu weit östlich, das Haus viel zu groß. Viel zu viel zu renovieren und zu machen. Aber dennoch war es eigentlich ab der ersten Sekunde klar – DAS ist es! Nach vielen Wochen des Besichtigens, Planens, Rechnens, Erkundigungen einholens und sich informierens, Überdenkens und auch Überwindens diverser Widrigkeiten in diesem nicht einfachen Kaufprozess habe ich am Ende einfach meinem vom Universum geschickten Zeichen vertraut, das schon seit einem Jahr an meinem Schlüssel klimperte: „Du wirst Dein Häuschen schon noch finden.“ Auf dem Schildchen stand: „Stadt Ballenstedt“! 🙂
Über Ballenstedt
Ballenstedt kannte ich bereits von einigen Wanderungen in meinen Sommerurlauben und durch die Harzer Wandernadel. Ich nannte es schon immer liebevoll-scherzhaft „Little Italy“, weil man sich hier im Bereich der Altstadt sowie der „Allee“ mit dem Schloß wie nach Florenz oder Verona versetzt fühlt. Architektur und Stadtgestaltung sind völlig anders als im West- und Zentralharz. Außerdem machen den Nicht-Ortsansässigen die diversen Einbahnstraßen und nicht gleich zu verstehenden Achsen wahnsinnig – einmal falsch abgebogen hast Du verloren und kurvst erneut durch kleine Gässchen im Kreis. Echt italienisch!

Die als „die Wiege Anhalts“ bekannte Kleinstadt ist ein äußerst geschichtsträchtiger Ort. Das aus dem frühen 18. Jahrhundert stammende Ballenstedter Schloß beherbergte das Anhaltinische Adelsgeschlecht, die „Askanier“. Diese haben übrigens im weiteren Umland auch noch die eine oder andere Burg verteilt. Unterhalb des Schlosses erstreckt sich der barocke, von Peter Joseph Lenné gestaltete Schloßgarten. Am Schloßplatz findet man nicht nur mit dem „Alten Gasthof“ ein modernes und komfortables Schloßhotel, sondern auch Sachsen-Anhalts ältestes bespieltes Theater.
Zwischen dem Schloß und dem Anhaltiner Platz im Ortszentrum verläuft Sachsen-Anhalts längste Allee, kastaniengesäumt und mit einer fantastischen Aussicht in das nördliche Vorharzland.
Der Ort hat, samt umliegenden Ortsteilen, knapp 9000 Einwohner und verfügt infrastrukturell über alles, was man zum täglichen Leben so braucht. Die nächsten größeren Orte und Mittelzentren sind das berühmte Quedlinburg, das als einer der schönsten Orte Deutschlands gilt und UNESCO-Welterbe ist, im Osten das Mittelzentrum Aschersleben (die älteste Stadt Sachsen-Anhalts!) sowie weiter nördlich das vorbildlich zukunfstorientiert aufgestellte und ausgesprochen schöne Halberstadt. Richtung Westen schließen sich Thale mit seinen Sehenswürdigkeiten im Bodetal sowie die Blütenstadt Blankenburg an. In Blankenburg endet auch die hier in Ballenstedt beginnende „Teufelsmauer“ (oder umgekehrt 😉 ), eine beeindruckende, am Nordharzrand verlaufende Felsformation. Die diesem Gesteinszug zugehörigen Ballenstedter „Gegensteine“ gehören zu den Highlights des Ortes.
Nach Süden hin beginnt unmittelbar am Ortsrand das größte zusammenhängende Waldgebiet des Ostharzes und das obere Selketal. Unmittelbar vor meiner Haustür verlaufen sowohl der Selketalstieg, der Europa-Radwanderweg R1, der Europäische Fernwanderweg E11 sowie der sachsen-anhaltinische Jakobsweg – daneben natürlich zahlreiche regionale Wanderwege. Nahe dem Ort gibt es mehrere Gewässer und schöne kleine Teiche.
Die größte Faszination, neben der landschaftlich traumhaft schönen Lage, übte auf mich jedoch das in großen Teilen erhaltene und bereits sanierte Gründerzeit-Villenviertel aus, das sich hier im oberen Stadtgebiet an den Hang schmiegt. Wer, wie ich, den Baustil der vorigen Jahrhundertwende und Details aus Jugenstil und Art Déco mag, der kann hier großen Genuß beim Schlendern erleben!
Eingefleischten Metal-Fans ist der Ort übrigens durch das alljährlich zu Füßen der Gegensteine stattfindende Rock-Harz-Festival ein Begriff. Die Veranstaltung genießt einen hervorragenden Ruf als „kleines Wacken“ und ist ohne Zweifel das deutsche Hardrock-Festival mit der schönsten Landschaftskulisse.
Aller guten Dinge sind drei – Altbausanierung, die Dritte!…
So kam es, dass ich mich alsbald nach dem Kauf in ein größeres und umfangreiches Renovierungs-Abenteuer stürzte und hier lange Zeit nichts von mir zu lesen war. Die „Verwandlung“ des Häuschens im Innenbereich zeige ich Euch gerne in folgenden Beiträgen! Sie ist immer noch „in Arbeit“ und ein fortlaufender Prozess. Die alte Lady von ursprünglich 1905 wird mich noch lange beschäftigen! Gerade bin ich dabei, einen Teil des gepflasterten Innenhofes in ein kleines Gärtchen zu verwandeln.
Ich bin sehr froh und glücklich, so ein schönes Zuhause gefunden zu haben und freue mich auf alles, was hier noch zu tun und zu gestalten ist. Oft kann ich es immer noch nicht recht glauben, dass das Märchenland aus meinen Sommerurlauben jetzt direkt vor meiner Haustüre liegt. Eine lange „Reise“ hat nun ein gutes Ende gefunden. Angekommen in Sachsen-Anhalt – wer hätte das gedacht!
Es gibt noch viel mehr Interessantes und Schönes über diesen Ort und die Region sowie auch das Haus zu erzählen und zu zeigen. Bleibt dran für mehr Berichte aus Ballenstedt! 🙂